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CATALOG nemu 020
Kerstin de Witt – recorder
Albrecht Maurer – fiddle, frame drum, voice
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Der Traum vom Fliegen
Michael Ende
... und wenn du es wieder mal müde bist,
wie eng und begrenzt dein Leben ist,
und die ganze Erde erscheint dir fast
umsponnen von einem grauen Netz,
in dem du dich hilflos verfangen hast,
ein Netz aus Gewohnheit, Gewalt und Gesetz,
ein Netz aus Grenzen von Staat zu Staat,
Grenzen aus Dummheit und Stacheldraht,
Grenzen des Geldes, begrenzte Zeit
und die Grenzen der eigenen Fähigkeit...
...und wenn du dich wieder mal wund gestoßen
an den Gitterstäben, den kleinen und großen,
und du weißt genau:
Du kommst nie mehr vom Flecke,
du bleibst gefangen im engen Raum,
dann hockst du dich nieder in deiner Ecke
und träumst den alten Traum:
Da breitest du weit deine Arme aus
und ein tiefer Atemzug!
Du schwingst dich empor über Straße und Haus
im traumhaften Vogelflug.
Du fliegst und du fliegst und du brauchst kein Ziel,
das Dasein selbst ist Glück!
Keine Grenze dort unten bekümmert dich viel,
du möchtest nie zurück.
Es ist alles so einfach. Du wunderst dich kaum.
Und du weißt in dem Traum: Es ist kein Traum!
Und du fragst dich, warum man es je vergisst,
warum man nicht glaubt daran,
dass man immer so frei wie ein Vogel ist
und in Wahrheit fliegen kann.
Aufgenommen im Weserrenaissance Schloss Bevern von Albrecht Maurer, Mai 2018.
Gemischt von Holger Urbach, Ratingen, gemastert von Reinhard Kobialka, Topaz
Studio, Köln. Produziert von Albrecht Maurer und Kerstin de Witt.
* Kerstin de Witt and Albrecht Maurer spielen Barockgeige
** über Invention Nr. 10, G Dur BWV 781 von J.S. Bach
Fly to Alhambra, eine Komposition von Albrecht Maurer, wird in diesem Programm zum Ausgangspunkt für eine Reise durch Zeit und Raum. Flamenco, balkaneske Folklore und Klangfarben der Seidenstraße verbinden sich in Maurers Notenvorgaben virtuos zu einer einheitlichen Tonsprache.
Während die Komposition »Fly to Alhambra« einen inneren Bezug zum arabisch beeinflussten Kulturraum des Mittelalters in Spanien sucht, beginnt ein altes Europa wieder aufzuerstehen: ein Europa der Toleranz, der friedlichen Koexistenz verschiedener Religionen, ein Europa des bunten Handels und Austauschs auch von exotischen Besonderheiten. So erinnert das Duo Kerstin de Witt und Albrecht Maurer in dem Stück »Saumpfade« an alte Handelswege, die in den Bergen abgelegene Höfe miteinander verbanden; es spielt den »Puppentanz« auf einem imaginären Jahrmarkt und lauscht in »Tablas Time Talk« den fernen Klängen, die über die Seidenstraße nach Europa gelangten.
Neben den Kompositionen von Albrecht Maurer hat das Duo auch einige historische Stücke ausgewählt und nach frischen Klängen darin und drum herum gesucht. So sind mit großer künstlerischer Freiheit eigene Versionen von »Stella splendens«, der »Estampie Belicha« und der »Invention Nr.10« von Johann Sebastian Bach entstanden. Sie haben einen inneren Bezug zu Maurer´s Kompositionen und weisen in die Tiefe der Gegenwart, die sich aus Vergangenem speist.
Wenn man sich die Quellen dieser Musik vor Augen führt, ergibt sich das Gefühl eines grenzenlosen Kulturraumes. Musik sucht sich ihren Weg wie ein Fluss oder zieht umher wie ein Vogel. Betrachtet man die Reiseroute der Kraniche, so überfliegen sie genau die Regionen, in denen diese Musik verwurzelt ist, und wenn man sich die Anmut ihres Fluges und die Eleganz ihrer Erscheinung vor Augen führt, so glaubt man zu fühlen, wie sie das Spiel von Kerstin de Witt und Albrecht Maurer inspirieren.
Wenn wir uns im Rhythmus des Jahres von Skandinavien über Deutschland, Frankreich und Spanien oder über die Balkanroute bis Nordafrika bewegen würden und wieder zurück, wäre unser Europa freier, toleranter, verständnisvoller. Solange wir jedoch unverrückbar auf unseren Positionen und Plätzen hocken, ist es die Aufgabe der Kultur, sich für solch eine Freiheit stark zu machen. In diesem Sinne sind Kerstin de Witt und Albrecht Maurer Grenzgänger unserer Zeit.
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* Kerstin de Witt and Albrecht Maurer play
baroque violin
** based on Invention Nr. 10, in G major
BWV 781, J.S. Bach
Recorded at Weserrenaissance Schloss
Bevern in Mai 2018 by Albrecht Maurer,
mixed by Holger Urbach, Ratingen, mastered
by Reinhard Kobialka at Topaz Studio,
Cologne. Produziert von Albrecht Maurer
und Kerstin de Witt.
The dream of flying
Michael Ende
... and when you get tired again,
how narrow and confined your life is,
and the whole earth almost appears to you
wrapped in a grey net, where you got helpless,
a network of habit, violence and law,
a network of borders from state to state,
borders of stupidity and barbed wire,
limits of money, limited time
and the limits of your own ability...
...and when you bruised again
on the bars, large and small,
and you know for a fact:
you‘ll never get out of the spot,
you stay trapped in a confined space,
then you sit down in your corner
and dream the old dream:
There you spread your arms wide
and a deep breath!
You swing up over the street and the house in the dreamlike flight of birds.
You fly and you fly and you don‘t need a destination,
existence itself is happiness!
No limit down there bothers you much,
you never want to go back.
It‘s all so simple. You‘re hardly surprised.
And you know in your dream: It‘s not a dream!
And you wonder why people ever forget it,
why people don‘t believe in it,
that you are always as free as a bird
and actually fly.
Fly to Alhambra
Fly to Alhambra, a composition by Albrecht Maurer, is the point of departure in this programme for a journey through space and time. Flamenco, Balkan folklore and timbres of the silk road combine with virtuosity in Maurer‘s music to form a unified tonal language.
While the composition »Fly to Alhambra« seeks to trace the Arab influence on the Mediterranean culture of medieval Spain, an old Europe begins to rise again, a Europe of tolerance, of peaceful coexistence of different religions, a Europe of colorful trade and the exchange of exotic particulars. In this way the piece »Saumpfade« by the duo Kerstin de Witt and Albrecht Maurer reminds us of the old trade routes that crisscrossed the mountains connecting various secluded farmsteads, the »Puppentanz« takes place at an imaginary fair and in »Tablas Time Talk« we get to listen to far away sounds which made their way to Europe by way of the silk road.
Along with Albrecht Maurer‘s compositions, the duo has also revisited some historical pieces and have sought to find fresh sounds in them and in their vicinity. This has resulted in some versions of »Stella splendens«, the »Estampie Belicha« and the »Invention no.10« by Johann Sebastian Bach with great use of artistic license. They are linked to Maurer‘s compositions as they are steeped in a now which is very much nourished by the past.
Picturing the sources of this music, the feeling of a culture without borders or limits comes to mind. Music makes its way like a river meandering or a bird in flight. Observing the routes flown by cranes, you can‘t help but notice that they fly over the very regions this music has its roots in. When you picture the grace of their flight and the elegance of their appearance you very much get the sense of how the music of Kerstin de Witt and Albrecht Maurer was inspired.
If we were to move from Scandinavia over Germany, France and Spain and along the Balkan route to north Africa and back again following the rhythm of the seasons we would be a freer, more tolerant and more understanding place. As long as we insist on taking up positions and claiming places without compromise it is the job of culture to advocate for such freedom. In this sense Kerstin de Witt and Al brecht Maurer are very much on the forefront in these times.